Zwillingsflamme
Unter einer Zwillingsflamme versteht man ein Phänomen aus der auf Partnerschaft bezogenen Esoterik. Diese geht davon aus, dass jeder Mensch eine seelische Entsprechung in einem anderen Wesen, eine so genannte Dualseele, hätte. Die Begriffe der Dualseele und der Zwillingsflamme sind also austauschbar, bis auf den Unterschied, dass manche in der so genannten Zwillingsflamme eine noch stärkere Verbundenheit zur Person erkennen wollen als in der Dualseele. Praktisch bedeutet dies, dass der Mensch zeitlebens auf der Suche nach seiner Dualseele oder Zwillingsflamme ist und seine größte Erfüllung in der Liebe dann finden soll, wenn er das Glück hat, diese zu treffen. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, unter den Milliarden Menschen unter den Erdbewohnern ausgerechnet die verlorene Zwillingsflamme zu finden, ist jedoch unter Esoterikern sehr umstritten. Unabhängig davon ist die romantische Vorstellung des einen Menschen, der gleichsam für uns gemacht wurde, in vielen Kulturkreisen verbreitet und wird in der gegenwärtigen Esoterik sehr hoch geschätzt und auch oft zum Beratungsinhalt gemacht.
Die Vorstellung von der Zwillingsflamme geht übrigens auf den Mythos des griechischen Philosophen Platon zurück, der in seinem berühmten philosophischen Dialog „Symposion“ (zu Deutsch: Das Gastmahl) davon spricht, dass die Menschen in der Urzeit angeblich Doppelgestalten gewesen seien, kugelförmig mit zwei kompletten Körpern, die aneinander gewachsen seien. Diese Kugelmenschen sollen unerhört stark und klug gewesen sein und sich aufgrund ihrer Vollkommenheit an Körper, Geist und Seele fast wie die Götter gefühlt und benommen haben. In mythologischen Zeiten war jedoch alles, was die Allmacht der Götter in Frage stellte, ein so genannter „Frevel“, also eine Gotteslästerung. (Wir erinnern uns hier an den Mythos von Prometheus, der den ersten Menschen das Feuer gebracht haben soll, welches die menschliche Zivilisation ermöglicht hat – der „Frevler“ Prometheus wurde zur Strafe von Zeus an einen Felsen gekettet, wo ein Adler täglich von seiner Leber fraß). Auch im platonischen Mythos vom angeblich unschlagbaren Doppelwesen Mensch spielt die Eifersucht der olympischen Götter auf diese fast gottgleichen, mächtigen Gestalten eine große Rolle. Durch die Eifersucht auf diese kugelförmigen und an Körper, Geist und Seele so vollständigen Menschen habe Zeus diese plötzlich durch einen Blitz gespalten – und seither suche jeder Mensch seine verlorene Hälfte, also die Person, die bei der mythologischen Trennung verloren gegangen sei. (Dieser Mythos ist im Übrigen auch der Grund dafür, weshalb man im Deutschen über den Partner oft sagt „das ist meine bessere Hälfte“). Diese Legende aus der Antike erklärt ferner auch, weshalb es überhaupt Homo- und Heterosexuelle gibt: manche Doppelwesen waren laut Platon vor der Teilung männlich-weiblich aus einem Mann und einer Frau zusammengesetzt, andere weiblich-weiblich aus zwei Frauen zusammengesetzt oder männlich-männlich aus zwei Männern zusammengesetzt, und nach der angeblichen Teilung suchte jeder eben seinen früheren Partner.
Ob wir Platon glauben, bleibt uns natürlich selbst überlassen. Poetisch ist der Mythos allemal…
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