Zwielicht

Das so genannte Zwielicht (wörtlich: „zwei Lichter“, „Doppel-Licht“) ist ein altdeutscher Begriff für die Zeitphase zwischen Tag und Nacht, also die Morgendämmerung oder die Abenddämmerung, welche von einem drastischen Übergang der Lichtverhältnisse gekennzeichnet ist. Diese Zeitphasen galten für die Menschen schon in der Antike und im Mittelalter als besondere „magische“ Phasen, ähnlich wie die Uhrzeiten zwölf Uhr mittags und Mitternacht, da zu diesen Zeitphasen beziehungsweise Zeitpunkten die geistige Welt ganz besonders mitteilsam und für den Menschen erreichbar sein sollte. Man glaubte dies gern, da man dem Licht als solchem eine magische Wirkung zuschrieb und die täglich beobachtbaren Veränderungen der Lichtverhältnisse als spirituelle Wendepunkte verstand, die auch den menschlichen Zugang zum Licht der Erkenntnis beeinflussen sollten.

Im Zwielicht wurden auch häufig magische Rituale praktiziert, die besonders wirkmächtig sein sollten, weil in diesen Ritualen die kombinierte Kraft von Tag und Nacht, Sonne und Mond, wirksam werden sollte. Diese uralte Tradition findet sich zum Beispiel im indisch-vedischen Ritual des Agnihotras, welches genau zum Zeitpunkt der Morgen- oder Abenddämmerung ein rituelles Feuer entfacht. Doch auch im europäischen Volksglauben gibt es viele Bräuche und Traditionen, die exakt zur Zeit der Dämmerung ausgeführt werden sollen, um magische Wirkung zu entfalten, wie etwa viele Liebeszauber, die dann begonnen werden, wenn der Abendstern (die Venus) am Himmel erscheint, und vieles andere.

Viele Menschen fürchteten jedoch auch das Zwielicht, das in manchen Gegenden als „Hexenlicht“ oder „Hexenstunde“ galt, und bezeichneten Personen oder Handlungen als „zwielichtig“, die das helle Tageslicht scheuten. Tatsächlich ist die Zeit der Dämmerung stets sehr ambivalent, was ihre Wahrnehmung für das menschliche Bewusstsein angeht, denn sie wird sowohl als romantisch, als auch als gefährlich empfunden. Dennoch hat sich in vielen magischen Gruppierungen der Gegenwart, insbesondere auch im Neuheidentum und im Wicca, der Brauch gehalten, magische Rituale zu Ehren der Natur primär in der Zeitphase zwischen Tag und Nacht, also in der Dämmerung mit ihrem stimmungsvollen Zwielicht, abzuhalten.


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