Zombie

Der „Zombie“ gehört untrennbar zum Themenkreis des Voodoo wie die Voodoo-Puppe und das Tieropfer. Er ist eine der faszinierendsten Gestalten in der Religion des Voodoo, doch er ist zugleich auch das am meisten falsch verstandene Thema. In der westlichen Welt versteht man unter einem Zombie einen noch lebensähnlichen, aber stark entstellten Untoten, der nachts aus seinem Grab steigt – ähnlich wie ein Vampir, doch weniger, um Blut zu saugen, sondern, um die Lebenden zu erschrecken und möglicherweise zu erwürgen, wobei er willenlos ferngelenkt wird und unter einem Bann steht.

Diese populäre Vorstellung vom Untoten wird durch zahlreiche Zombie-Filme und Musikvideos wie Michael Jacksons „Thriller“ genährt und gestützt, so dass sie heute zum modernen Aberglauben gehört und einen Platz in unserer Unterhaltungskultur hat. Dennoch ist diese Idee falsch und entspricht nicht dem authentischen Vorgehen eines Voodoo-Priesters, der einen Zombie produziert, welcher eine ganz andere Ableitung und Phänomenologie aufweist. Zunächst handelt es sich bei den Zombies strenggenommen nicht um Gestalten des Voodoo, sondern um Produkte des Hoodoo – das ist die Zauberkunst im Voodoo. Während Voodoo (oder Vaudoun) nämlich eine westafrikanische oder haitianische Religion ist, die sich auf die Verehrung von Naturkräften in personalisierter Form, den so genannten Loas, durch kultische Gebete und Gesänge spezialisiert, ist das Hoodoo eine Zauberkunst. Priester, die das Hoodoo beherrschen, heißen Houngan (weißer Magier) oder Bokor (Schadenszauberer) und müssen komplizierte Verrichtungen erfüllen, um das Priesteramt zu erwerben. Der Zombie-Ritus wird nun vornehmlich von Bokors des Hoodoo ausgeführt, da es sich hierbei durch die Willensverletzung und Manipulation um eine Schadenshandlung der schwarzen Magie handelt, und nicht etwa um eine gewöhnliche harmlose Praxis der Naturverehrung durch die Loas, wie sie im allgemeinen Voodoo-Kult üblich ist. Der Bokor löscht durch komplizierte magische Praktiken das Tagesbewusstsein einer Person aus und macht sie so zu einem willenlosen Werkzeug, welches seine Wünsche und Befehle erfüllt, mitunter sogar über den physischen Tod hinaus. Der Zombie ist also eine Art ferngeleiteter Automat, der durch Magie produziert wird und missbraucht werden kann zu Schadenshandlungen – das ist der Hintergrund der „gruseligen“ Zombie-Vorstellungen vom Schaden bringenden Untoten. Es gibt im Hoodoo auch Auflösungszauber, die man durchführen kann, wenn jemand vom Zombie-Bann behext ist, welche dieser Person die freie Willensbestimmung zurückgeben sollen. Insgesamt ist das Thema der Zombies ein faszinierendes und oft fehlinterpretiertes Gebiet der Magie aus dem westafrikanischen Raum und war auch bereits Gegenstand kulturwissenschaftlicher Eröterungen (z.B. Wade Davis, A passage to darkness, The Ethnobiology oft he Haitian Zombie, Harvard Press 1982).


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