Tantra

Unter „Tantra“ versteht man eine ursprünglich aus dem Hinduismus stammende, dann im Buddhismus übernommene Tradition der magischen Praktiken und Rituale. Der Begriff des Tantras bedeutet in der altindischen Gelehrtensprache Sanskrit so viel wie „Kontinuum, Zusammenhang“ und soll andeuten, dass die materielle und die geistige Welt ungetrennt sind und alle Dinge einander wechselseitig beeinflussen. Dieser zentrale Kontinuums-Gedanke ist wichtig für die Vorstellung, die den tantrischen Praktiken zugrunde liegt. Im Tantra – einer traditionellen Sammlung von Schriften und Ritualen, sowie lokalem Brauchtum – sind Geist und Körper, Himmel und Erde, Mensch und Götterwelt zutiefst verbunden. Ihren Ausdruck findet diese Verbindung beispielsweise im Glauben an Geister und Dämonen und in der Verehrung bestimmter Gottheiten, die als schöpferisch und weltallgestaltend angesehen werden.
Doch die Verehrung der Gottheiten allein unterscheidet den Praktizierenden des Tantra ja nicht von irgendeinem Gläubigen des Hinduismus oder Buddhismus – was hier unterschiedlich ist, ist, dass das Tantra den Verehrenden selbst zu einem Gott machen soll. Philosophischer Hintergrund ist der Gedanke, dass durch die Verehrung von Schöpfergottheiten (oft weiblichen wie Shakti) die Schöpfungskräfte im Menschen selbst aktiviert werden sollen und dadurch eine schrittweise Selbst-Vergottung stattfände. Dieser Prozess wird durch bestimmte pflanzliche Mittel, Räucherkräuter, Meditations- und Yoga- Praktiken sowie magische Rituale unterstützt, die aufzuzählen hier kein Platz ist, da sie unendlich ausdifferenziert sind. Sehr bekannt sind in der Betätigungskultur des Tantra ferner auch die Techniken der Mandalas (Plural von Mandala), Mantren (Plural von Mantra) und der Mudren (Plural von Mudra), die mittlerweile auch im Westen praktiziert werden. Durch diese Bilder, die eine religiöse Stimmung erzeugen (Mandala), klangvolle und energetisch wirkende Sinnsprüche (Mantra), oder durch gezielte Fingerhaltungen zur Steigerung der Konzentration (Mudra) kann die mystische Versenkung beim Prozess der Meditation gesteuert werden – sie sind unverzichtbarer Bestandteil der Tantra-Tradition. Eine wichtige Rolle spielt im Tantra auch die menschliche Sexualität, die als Schöpfungskraft par excellence verstanden wird – durch die bewusste, aktive Kontrolle der Sexualität soll der Praktizierende über sich selbst hinauswachsen und göttliche Einsicht erlangen.


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