Nekromantie
Der Begriff „Nekromantie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Totenbeschwörung“ oder „Wahrsagen mittels einem Toten“, denn das Wort „nekros“ heißt übersetzt Leichnam und Mantik ist eine Wahrsagekunst, oder die Wahrsagekunst allgemein. Unter einer Totenbeschwörung versteht man in der Magie die Anrufung eines Toten, meist in der Absicht, durch den Kontakt mit ihm irgendwelche Informationen zu erhalten, sei es über die Zukunft oder über vergangene Geschehnisse, oft aber auch, um eine magische Handlung durchzuführen, meist einen so genannten Schadzauber. Deswegen ist die Nekromantie traditionell im Bereich der so genannten schwarzen Magie angesiedelt, in der es darum geht, das eigene Ego zu stärken und eigennützige, oft direkt negative Ziele ohne Rücksicht auf Andere und auf das kosmische Gleichgewicht durchzusetzen. Goethes Faust zum Beispiel betreibt eine solche Form schwarzer oder schädlicher Magie, indem er Tote und den Teufel selbst (Mephisto) anruft, um persönliche Macht zu erlangen und seine Wissbegier zu stillen. Viele derartiger Anrufungen der Nekromantik sind uns in der okkulten Literatur seit dem Mittelalter bekannt und besitzen eine gewisse düstere Anziehungskraft. Diese morbide Attraktion der nekromantischen Literatur besteht deshalb, weil dort viel von Schädeln, schwarzen Kerzen, Kreuzen, Sargnägeln und Friedhöfen die Rede ist, die als Kulisse oder Ingredienz dienen sollen, sowie von fantasievollen Zauberformeln, oft rückwärts gesprochen werden. Erfahrene Magier raten jedoch entschieden davon ab, diese Ideen der Magie praktisch umzusetzen und tatsächlich mittels eines Verstorbenen irgendwelche Rituale durchzuführen oder dessen Kraft zu nutzen, um einem Ritual Erfolg zu verschaffen, da dies eine äußerst gefährliche Praxis sein kann und oft zu Schaden für den unerfahrenen Praktizierenden führt.
Man bezeichnet die Nekromantie auch häufig als schwarze Magie oder Go-etie. Sie ist das Gegenteil der so genannten Theurgie, der reinen weißen Magie oder Gottesmagie, in der es allein um die Veredelung der Seele des Magiers und die Harmonisierung seiner Umwelt geht. Techniken der Go-etie oder Nekromantie sind insbesondere auch das so genannte Totbeten oder „mortbetten“, welches in vielen mittelalterlichen Schriften und Kirchenchroniken, aber auch in der modernen Literatur, erwähnt wird. Unter Totbeten verstand man den Vorgang, eine Totenmesse für einen noch Lebenden zu lesen oder den noch Lebenden insgeheim mit Formeln aus einer Totenmesse zu besprechen. Die Menschen im Mittelalter hatten eine magische Furcht vor der Wirkmacht des gesprochenen Wortes und glaubten, dass ein Lebender, für den eine Totenmesse gesprochen würde, alsbald sterben müsste. So „mittelalterlich“ und bizarr uns dieser Brauch auch klingt, er kommt zuletzt im 19. Jahrhundert namentlich erwähnt vor, als Fjodor Dostojewskij in seinem Roman „Die Brüder Karamasow“ den alten Schwerenöter Karamasow eine Totenmesse für seine noch lebende Ehefrau lesen lässt, die er zeitlebens gehasst hat.
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